I.     musenküsse

II.    was liebe ist

III.  was liebe nicht ist

 

 

Original, Nicole Kräbber
Dünen (I)

in deinen dünen
sandiges gemäuer
langes, wehendes gras
wandelnde linien zieh ich auf dir
du mein land
ich deine wege nach haus

Original, horizontal gedreht
Dünen (II)

I.

musenküsse

 

 

 

1

 

sinnhaft sinnlich

 

ich bin eine malerin

ich male mit worten

ich bin eine denkerin

ich denke in bildern

gib mir deine hand

und führe mich durch den tanz

den ich dir dichte

damit du fühlst

dass ich dich sehe

damit ich spüre

wie du mich bewegst

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

2

 

 

die ewig reisenden

 

tief in den wogen unserer fantasie

wagnisse klingender tonfolgen

zaghafte bande der hoffnung

von mir zu dir zu mir 

ineinander gespielt 

wölben sie sich zu bögen

breiten sich aus wie die schwingen ziehender vögel

mit spannung gepolt auf das, was uns leben verspricht

sehnsucht eingehaucht

erhebt sich gesang in die pfade der lüfte

puls unsrer melodie

aufwind der liebe

getragen von dir

sind wir

die ewig reisenden

niemals allein

 

 

 

 

 

 

 

 

 

3

 

 

seite für seite 

 

so rücken an rücken

dass alle worte entweichen 

gebunden und doch

in niemandes hand

so warmweiß 

so blatt wie nunmehr unbeschrieben

so glatt wie das leben leicht

lies mich

ich dich

bei uns

sind wir

seite für seite 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

4

 

unser atem

ist ein gedicht

aus heben und senken

tiefer, langer zuege

gefüllt mit dem traum

der uns umgibt

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

5

 

ich male dich

 

ich male dich

dein nabel, ein tal

tief wie deine gedanken

an einem see, dessen wellen sich spiegeln

im braun deiner augen 

es wärmt mich deiner hände sonne  

wie die  jungen triebe  eines orangenbaumes

samtweißer wind streift deine brust

ich sinke ins bild

eine muschel im gras

höre ich die schatten abschied nehmen

danke dir mit küssen

erst rosa und dann karminrot

und wünsche mir 

strich für strich 

eine ewigkeit

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

6

 

zustimmung

 

meine worte

hängen an dir 

wandern lass uns mit ihnen 

wo wir verborgen

mitunter tragen sie uns

wie schlafende kinder

es perlt über dich und mich

ein stiller applaus

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

II.

was liebe ist

 

 

Collage aus: Maria; Trauer, Schmerz und Leidenschaft; Unschuld; Die Tänzerin (1) und Die Tänzerin (2)

1

 

ich hüte dich

 

du bist ein  tunnel

mit gleisen

ins ungewisse

wieder und wieder aufgewunden

wie ein faden

den ich selbstvergessen spiele

inmitten der lichtung

umspült vom nebel wunderbarer tage

ich bin eine hand 

im greifen ungeübt

in tücher nie gebettet

ich hüte dich

und bleibe

ein liebliches schimmern

umgeben von traum

 

 

 

 

 

 

 

 

2

 

königskinder (I)

 

 

wie schaust du mich nun an

so ganz von fern aus dem brunnen deiner seele

eröffnest mir den blick auf ihren grund

 

im wasser gedämpft

die stimme deines jungen

ruf eines kindes

das auch mich bewohnt

 

lass mich tröstend deine wangen streicheln

 

das schwarze nass unserer verbrüderten hände 

kuss für kuss geschöpft

aus dem schacht der jugend

stillt endlich die schreie unserer herzen

wissen wir doch nun

wo wir uns finden

 

tief genug 

kann das wasser nicht sein

 

 

 

 

 

 

 

 

Liebe

3

 

schöpfungsgeschichte

(der siebte Tag)

 

 

du sagst, das leben hat dich nicht geliebt

doch

aus welcher feder stammt dein lächeln?

welchem fluss entspringen deine tränen?

deine stimme, aus wessen herzen spricht sie zu mir?

und warum schenkte der himmel dir seine weite?

wer formte die erde,  aus der du gemacht, 

so wunderbar weich und anschmiegsam?

 

ich will dich mit all meiner liebe begreifen

und du

lieb dich, wie ich mich liebe, wenn ich bei dir bin

es ist unser leben so schön wie 

der 7. Tag

 

 

 

 

 

 

 

 

4

 

in deine hände geb ich meine rose

 

in deine hände geb ich meine rose

so nas' an wange duftest du nach herz

erweckst in meiner blüte 

stillgelegten sinn 

und streifst mir ab den lang gewachsnen schmerz 

so warm bedeckt, noch scheu uns zu entblößen

so arm in arm gerückt in sanftes licht

sind wir uns nun zum greifen nah und flößen

dem regen ein ein zärtliches gesicht

 

 

 

 

 

 

 

 

5

 

kraft unserer gedanken

 

kraft unserer gedanken 

hangeln wir durch unsres schlafes zeit

die finger schon wund

abgehangen das fleisch

knoten für knoten

rückwärts 

entlang am strang unsres lebens

 

zwischen den bergen

deiner stimme zitternder kompass

hallt nah von unsichtbarem ort

 

fast sind wir nun hand in hand

zu fallen

zwei tropfen in den lauf des flusses

was über uns schwebt 

an sinn bald klein und

verzichtbar

 

 

 

 

 

 

 

 

6

 

weil du meine liebe schätzt

 

weil du meine liebe schätzt

tragen meine träume dein gesicht

wie ich in deine augen seh

blühn meine tage in der liebe licht

 

 

 

 

 

 

 

 

 

7

 

je später der abend

 

je später der abend

desto forscher spült dein herz über deine lippen

feucht geschwollen warm zu mir herein

 

an der tür schon der schweißnasse bach

unsere zungen glänzend

zwei aale in der sonne

das hirn eine welle des verschmustseins

 

im rücken den felsen unserer achtsamkeit

so mir nichts dir nichts schlängelnd im gespritze

kriegt uns keiner

der angler nicht

der haken

nicht einmal wir

brauchen nichts 

und haben doch

alles

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

8

 

liebesröte

 

 

komm, hüll dich ein in mir

ich will dich mit all meiner sanftheit umschließen 

 

fernab der welt

gebettet in liebesröte

umnebelt vom dampf warm tropfender küsse

drängen wir ineinander

kraftverschmolzen

tragen aus den kampf mit was uns quält

 

auge in auge versunken

in den fluten unsres schweißes

gib mir

und ich dir 

diesen sanftsüßen tod

der uns loslassen lässt

entschlafen einander

miteinander 

kussholen zurück die  freiheit 

am morgen danach

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

9

 

zwerchfell 

des meeres 

fließend 

will ich dich umgeben

im senken

und heben

des beckens

erhellt dir mein herz

pochend die dumpfheit 

unsrer versunkenen

welt 

 

Das Zwerchfell des Meeres, Wellen, Das Moor, Rundungen

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

10

 

wenn wir angekommen sind

 

mit dir in meinem herzen 

kehrt der ozean zurück

in das zimmer seiner jugend

schickt seine kinder zu spielen, dort

unter dem federbett

wo der  himmel nicht fragt nach gründen

nicht nach schuld 

 

aufrecht wie ein schiffsmast

die zerzausten segel im reigen des windes

findest auch du den boden 

auf dem ich dich umsorge

von zeit zu zeit  wie

eine mutter ihren kleinen jungen

 

weltenreisen

sich treiben lassen auf den brettern der kindheit

der sehnsucht um erfahrung voraus

 

das alles

wenn wir angekommen sind

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

11

 

wolfsliebe

 

 

uns sind schneebedeckte berge

wolken

in der brise unserer gedanken

zielfrei und unstrebsam

ziehen wir wohin kein treiben führt

leitwolf still und stark

der tiefe blick in dich und mich

weiße berührung

unter dem abdruck des blutes

kraftvoller weg in den spuren

unsres seins

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

12

 

angerührt

 

mir scheinen worte klein 

im angesicht unserer liebe

das denken eingehalten unter meiner zunge 

staune ich:

 

wie reichen wir uns

das zwillingswasser!

 

im austausch der säfte

schweben wir

auf augenhöhe

angerührt im gleichklang

löst sich still der moder der verluste

 

und unverkennbar

einzigartig anders

bist du für mich

bin ich für dich

sind wir für uns nach jenen

die da waren

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

13

 

wir gehen auf einem schmalen grat

narben unserer erinnerung

zerteilen die landschaft

wie gestern noch schrammen die haut

an unseren knien

 

deine augen rufen mich

ich folge dir

mit abendlichem rot auf meinen wangen

es schenkt mir dein blick

ein dankbares kleid

und du sollst nicht aufhören

dich nach mir umzusehen 

 

 

 

 

 

 

 

 

14

 

wenn du mich liebst

umarmt mich dein blick

alles an dir spricht

ich vergesse dich nicht

und du lässt dich ein 

auf meine staunenden münder

die dich begreifen

und mit ehrfurcht verkünden

wie unsre seelen

sich verbinden

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

  

15

 

ich bin in deinen armen zerflossen

 

ich bin in deinen armen zerflossen

als du mich in den himmel geführt

die liebe hat uns ineinander gegossen

mit engelsflügeln hab ich dich berührt

mit dem duft meiner ros deine lippen besprengt

der welt ihren tiefsten seufzer geschenkt

 

im lächeln aller menschen gesichter

verliert nun der tag jeden gram, jeden richter

die kinder, sie kommen gar angerannt

ich hab unterwegs die liebe erkannt

 

 

 

 

 

 

 

 

 

16

aufwachen

 

lange, kuschlige wattefäden

sind meine gedanken an dich

sie weben sich fein durch die fensterläden

ich seh' s durch die spalte im licht

 

sie streifen mein kissen, streifen mein bett

die gärten, die gatter, das feld

hinein durch dein fenster, sie kitzeln dich weich

bedecken so flauschig die welt

 

 

 

 

 

 

 

17

 

seelig bin ich

schließe meine wunden

milchlichtdurchtränkt

deinen mondbauch im rücken

erlischt in der wiege

meiner ungewissheit brand

 

zwischen den gezeiten

schweigsam klare welt

schlaf der gedanken

atem meiner seele

durch die sphären schwebe ich

mit dir

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

18

 

alle unsere lieben

 

du hältst dich an sie

da deine liebsten

wie köder

ihr ans herz geschnürt

 

sie hält sich an dich

da ihr herz ergriffen

von dem fluch 

der die deinen umzäunt

 

und mehr als ihr euch liebt

braucht ihr den angstgestählten strick

der liebe nur verspricht

und nur verspricht gegen die schuldigkeit

dort auszuharren

wo das herz erstarrt

 

doch ich 

ich ließ ihn los

und ich fand dich

 

so während du und ich uns dennoch halten

schneiden unsere arme ein

und bluten warm

solange die liebe in uns schlägt

 

und so lange werden unsere wunden bezeugen

dass wir es tun: 

alle unsere  lieben

wir halten sie in unserer umarmung

und sie werden fühlen

und mit achtung kommen

und in ihren herzen sich mit uns verbünden

 

und dann werden sie sich schließen 

unsere wunden

da die jahre der angst

zu ende gezählt

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

19

 

mein freund

 

mein freund

der wald bleibt unser zuhause

wenn ich gehe

verlasse ich dich nicht

aus den wipfeln habe ich ein auge auf dich

und weiter wirst du wandern in unseren spuren

im rascheln des laubes wird dich mein atem begleiten

und unsere herzen schlagen vereint

nimm dieses immerwährende geschenk

und hüte es

denn du wirst wachsen im glanz deiner tränen

langsam wie ein baum

umgeben von den ringen unserer erinnerung 

es ist unsere liebe unauslöschlich 

wenn wir nur immer weiter aus ihr schöpfen

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

20

 

wunschlos

 

im dunkel meiner träume

stehst du vor mir mit leerem gesicht

dazwischen, wie in einem flur

und wahrlich

dein leben lässt dich nicht in seine zimmer

hart drückt meine kehle

an den sturz der tür zu dir

und immerzu stehst du

aufrecht, groß 

ohne mund, ohne augen

wunschlos

als könnte die welt dich missen

eh ich zum leben erwache

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

21

 

wasserzeichen

 

 

mein liebesschwall

eine walze der traurigkeit

im gegenlicht

auf weißem blatt 

des wassers weiche spur

 

wie kämpf ich doch

von dir geschätzt zu werden

 

 

 

 

 

 

 

 

22

 

 

keine farbe 

 

ich warf einen stein auf dich

doch bluten tat ich schon

als du mich trafst

und tatst, als ob mein rot keine farbe sei

 

 

 

 

 

 

 

 

 

23

 

 

ich sah dich fortgehen

 

ich sah dich fortgehen

es war ein angriff

meines gefühls 

 

hinter dem baum

an dem wir uns trafen

suchte ich schutz

und verbarg mit den zweigen

das blut meines klaffenden herzens

 

worte noch drückte der wind 

dir gefühlt in den ruecken

 

du zogst mich hervor und 

ohne duft deine hände

schenktest du mir einen stock

 

es wuchs aus den wurzeln

das blühen, in dem ich erwachte

zu atmen ein fließendes

eigenes, junges leben

gelegen am strang, der im tiefen 

uns immer noch hält

 

 

 

 

 

 

 

 24

 

 

der erste schein

 

es ist das letzte, das ich schrieb

du wirst es lesen

denn unumgänglich ist, zu sehn

was ist's gewesen

das was-wird’s-sein geht ohne dies

den andern weg

den ich nicht schrieb

und den ich nicht ans herz dir leg

 

es ist das letzte, das ich sagt

du wirst es hören

denn erst das stumme wort

kann dir das herz beschweren

 

versteh, das letzte 

kann im kern der anfang sein

es täuscht darüber stets

der erste schein

 

 

 

 

 

 

 

25

 

 

ich träumte

 

ich träumte

du liefest offenen blickes

durch eine sonnige allee

tausend bäume zollten dir ihren respekt

und wie deine haltung es sagte

gedachte keiner, dich zu beschämen

nichts, niemandes schatten kam dir in den sinn

nur die liebe

am anderen ende der straße 

lächelte dir ins gesicht

und du lächeltest  zurück 

und setzest ihn fort

deinen grünen, sonnigen weg 

 

 

 

 

 

 

 

 

26

 

 

geschenk

 

du bist mir

ein besonderes geschenk

ich gebe mich in deine hände

gebe dich zurück

dein bleiben heißt 

kommen und gehen 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

27

 

 

im hafen

 

wie möcht ich in mir ruhn

die leinen eingeholt nun mich mit schlaf in dir versenken

im atemzug der nacht

haucht treu mir, gedimmt

das lächeln der laternen

möwennester 

über heimgekehrte bilder

da meine augen

im verborgnen dir so zugetan

 

 

 

 

 

 

 

 

 

28

 

 

zustimmung

 

meine worte

hängen an dir 

wandern lass uns mit ihnen 

wo wir verborgen

mitunter tragen sie uns

wie schlafende kinder

es perlt über dich und mich

ein stiller applaus

 

 

 

 

 

 

 

 

29

 

ich öffne meine gedanken

und

immerzu wirst du mir geschenkt

 

 

 

 

 

 

 

 

 

30

 

jahr um jahr 

 

du

rund wie ein bauch

wenn die welt ihre zähne zeigt

schmieg ich mich

an deine butterstacheln

glitzere fettäuglein

mit dir in unsere milch

den traumkindern unseren honig

geschmeidig und poliert

für den gang durchs minenfeld

was die welt erlaubt

fragt niemand

ob wir leben oder nicht

und wie

wir igeln doch

zurück in unser herzlaub

jahr um jahr

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

31

 

 

wachstum

 

mein freund

dein herz ist ein ängstliches geflecht

es lebt von der zeit

die du ihm gibst

zu wachsen 

und entwachsen

alles lösen

alles binden

ist ein tasten

zelle für zelle

ob muttererde 

du erklommen hast

dass im entsiedeln 

du nicht stirbst

und  im besiedeln

du nicht  fristest

sondern lebst

32

 

 

gebrannt

 

hörner trug ich nie

ich stoß dich mit der nase 

auf dass du den boden küsst

wie einst ich dich

 

vom tanz gelockt

leckst du die flammen

bis im meer du versinkst

das in weißem staub 

dich salzig bettet

rettest dir leuchtkraft

durch die risse deines herzens

jagst noch die erde hinter den mond

weiter als lichtjahre

hab ich dich

ich weiß, du 

wurdest so 

gebrannt 

 

 

 

 

 

 

 

 

33

 

 

 

ich schreib und

schreib und schreib und

schreib dich davon und 

vielleicht ist es noch einmal

gut so

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

34

 

nichts

die sonne unter der erde
eine kleine terrasse im souterrain
blumen und bienen
und honig
für den  koenig
wenn er flieht
in dieses nichts
das alles ist

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

35

 

ich bin dein wald

du bringst mir den monsun

 

Wald im Monsun, Regenwald, Surinam, tropischer Wald

 

 

36

 

mein königreich
 
mein königreich
fortgespülter sand
uferlose liebe zu dir

 

 

 

 

 

 

 

37

 

ringe (königskinder II)
 
geh nicht spurlos fort von hier
widme dem kind meiner seele zuletzt deinen blick
 
lass mir die ringe
im brunnen gemalt
der regen bringt mir doch

wasser aus sizilien

 

 

 

 

 

38

 

 

ich hatte diesen traum


ich hatte diesen traum
mein kleiner junge liegt im wald
du triffst auf ihn
legst deine arme um ihn
hältst ihn fest
so am boden zusammengerollt
seid ihr nicht ganz allein auf weiter flur
ich bin die sonne
taste nach euch in jeder lichtung
hoffe, dass einer meiner strahlen
wenigstens euch streift
und irgendwie meine wärme

euch guttut

 

 

 

 

 

39

 

verlaufen

 

ich  konnte dir nicht folgen

und eilte dir voraus

auf einem weg, den du nicht nahmst

 

 

 

 

 

 

 

III.

was liebe  nicht ist

 

1

 

beim andern

 

 

von mangel überwältigt

erhobst du mich zur königin deiner mitte

doch eine geliehene erfüllung 

ist wie ein rissiges gefäß, hohl und verlogen

 

du und ich in einer person

dein ruf nach verschmelzung

weil du dir unüberwindbar fern

 

über goldene schwellen trugst du mich

hinein in deine unnähe

mit räubtierzähnen fraß sie sich vor

bis zum letzten keim meiner seele

 

wie noch konnte ich deiner gerecht werden?

 

kein herz, keine haut

keine rechte hand

will ich jemals gebrauchen müssen

denn nur in ihrer freiheit

verweilt liebe bei mir

und nur in mir

verweile ich beim andern 

 

 

 

 

 

 

 

 

2

 

scherben

 

mutters schönes bild zerbrach

durch deine hände - 

meine sind leer

und die wände des hauses zu dünn

die nachbarn borgen uns keine milch mehr

 

während ich schlief, hast du 

mir das haar abgeschnitten

und ein seidenes hemd übergezogen 

 

du nahmst dir schon immer, was du wolltest

für mich sind

all die scherben

 

 

 

 

 

 

 

3

 

tänzer in der schuld

 

für deine art von liebe

bin ich tänzer in der schuld

gesponnen aus dem netz

das mich nicht trägt

 

jeden boden missend

taumle ich ergeben

aufwärts in die höhen

zwischen dir und mir 

 

im regen des applaus lässt du mich stehn

 

ich bin das nichts

bin nicht gewollt

in einer welt

die liebe mir wohl vorenthält

schlag ich auf den abgrund dieser bühne

 

du ziehst den  stolz

aus meiner pflicht

ich taumle und

begreif es nicht

bewege mich gelähmt im licht

tanze nur wie du von mir erwartest

 

 

 

 

 

 

 

 

 4

 

ich wünschte mir ein stück

 

auf der allerkleinsten bühne errichteten wir ein nest

und spielten

ein stück verletzender schönheit

die exklave

 

mein herz ersehnte sehr den nächsten akt 

wähnte hinter den kulissen

freiheit in deiner erdrückenden welt

 

im nachhall deiner worte

dunkle chöre

die du nicht  erhellen mochtest

das publikum

eine schwarze phantasie

 

so sang es mich

in den graben des einsamen betrachters

 

der zweite akt ward übersprungen 

und ich hielt fest

nur noch mich

und ließ nur mich nicht mehr los

 

 

 

 

 

7

 

junkie song

 

 

honey, the water

the water is yours

when you drink from my champagne

released from the slaughter

at least I am sure

you 're as  deep as cocaine

I don't need nothing

but you in my mind

under this heaven

no earth I find

if you don't lay down

to sink into mine

you are the ocean

and love

love is divine

 

8

 

 

die statue (skulptur)

 

aus jedem winkel

verlangst du nach mir

siehst mich blind

durch spiegel greifen

ob du mit fremden blicken 

dahinter auf mich schaust

verpuppst mich mit den rufen

deines geruchs

mich, die ich strecke

meinen rechten arm zum himmel

mit dir zu sein

 

wer bin ich, wenn ich stehe

wie du

 

 

 

 

 

9

 

 

über dein sein

 

 

einen schal knüpf ich dir

für jeden tod, den ich gestorben, einen knoten

masche für masche

in reih und glied

am hals, immerzu, klagst du 

die dunkle farbe der liebe

 

kommst heim

hast ihnen deine fusseln gelassen

diese herrenlosen kletten, aus denen keiner etwas lesen kann

als geschichten vom lamm

abgehangen

ins leere zu tropfen

 

in ihren köpfen diese ikone

 

stoßgebete

diesem fluch von hund

der bleibt

und nicht einkehrt

gefangen im eigenen netz

 

 

 

10

 

der revolver

 

die kleine runde, wie ich sie so schmier 

wandert sie glanzvoll und mit charme ins lager mir 

umringt in ihrem sitz entzieht mein lauf sich ihrem blick

am fluchtpunkt winkt ihr point of no return

 

gedrückt in treue drehe ich sie weiter

dass  jedes ende wird ein heimlicher beginn

im zweifel, bloß ein schuss, blind abgegangen

fügt sie sich in den kreis von neuem wieder hin

 

ins schwarze trudeln möchte ich sie wissen

mir spuren schmauchend durch die nebelwelt

mein klicken wird im traum sie niemals missen

doch wen sie missen wird, das ist ihr held

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

12

 

zu nah

 

ich war dir zu nah

um noch schön zu sein

zu nah an deiner unschönen wahrheit

 

Der Revolver.  Bildbearbeitung: Nicole Kräbber

 

 

13

 

du bist nicht mein held

nur der revolver

der vorteil ist

ich kann dich wegstecken

 

 

 

 

 

 

 

 

 

14

 

die verschleierte frau

 

 

im halbschatten tretet ihr

über das pflaster

du und dein hinkender schritt

dein mädchen von traurigkeit

eilt dir im schlepptau voraus

 

man sagt

sie hat ein haus wie ein hotel

die nächte starrt sie mit glasigen augen

auf den traum von brüdern wie löwen und

söhnen wie schwänen

ketten von blauen zirkonen

jeder ein zeuge eurer verbundenheit

so tief in ihren wangen

wie dein eingefallener schmerz

dass du sie mit einem wort

verschleierst

falsch

ist für dich das strahlen der anderen

 

 

 

 

 

 

Auf Wiedersehen im nächsten Raum!